Das Jahr 2010 – nach der Wirtschaftskrise, in der Wirtschaftskrise oder vor der eigentlichen Wirtschaftskrise?
Das Jahr 2009 war für viele Unternehmensleiter ein neues Erlebnis. Wachstum galt bisher als Naturgesetz. Von konjunkturellen Schwächephasen abgesehen, die in der Regel durch stärkere Wachstumsphase abgelöst wurden, kannte man eine Rezession diesen Ausmaßes nicht. Wenn dann beschränkte es sich auf einzelne Branchen, die von einer technologischen Entwicklung überholt worden sind.
Nicht wenige Experten sehen in dem Jahr 2009 das Ergebnis der absoluten Ausrichtung auf Gewinnmaximierung. Unternehmen wurden nach ihrem kurzfristigen Erfolg für die Anteilseigner, dem sogenannten Shareholder Value bewertet. So darf es nicht wundern, dass auch die Anreizsysteme, besser bekannt als Bonuszahlungen, der Vorstände und Geschäftsführer daran ausgerichtet waren. Die öffentliche Kritik an diesem Verhalten ist nachvollziehbar, jedoch aus meiner Sicht sehr undifferenziert. Ein Unternehmen ist mehr als der messbare Erfolg (Aktienkurs/Unternehmenswert und Dividende/Gewinn) am Jahresende.
In einer sozialen Marktwirtschaft haben Unternehmen eine große gesellschaftliche Verantwortung. Dies war viele Jahrzehnte Konsens in unserer Gesellschaft. Viele Unternehmen kommen dieser Verantwortung auch in großartiger Weise nach. Dies geschieht oft unbemerkt von der Öffentlichkeit. Leider wird generell mehr über negative Nachrichten berichtet, als über gute. Es fällt auch auf, dass insbesondere Unternehmen, die seit vielen Generationen durch eine Familie geführt werden, der sozialen Verantwortung für die Gesellschaft besonders nach kommen. Diese Unternehmen wechseln auch nicht ständig die Strategie um kurzfristigen Entwicklungen zu folgen. Die eigene Stärke basierend auf den Erfahrungen einiger Generationen lässt diese Unternehmen auch in schweren Zeiten an der eingeschlagenen Strategie festhalten.
Ich hoffe, dass das Jahr 2009 Anlass war, um in den Unternehmen ein Umdenken zu bewirken. Natürlich müssen Unternehmen wirtschaftlich effizient arbeiten und Gewinn erzielen. Dies ist elementarer Bestandteil einer Marktwirtschaft. Dies muss aber in einem Rahmen sozialer Verantwortung stattfinden. Diese sogenannte Corporate Social Responsibility (CSR) darf dabei kein Lippenbekenntnis sein und sich auf publikumswirksame Aktionen beschränken, die am Jahresende in einem Social Report zusammengefasst werden. Der Gedanke des CSR muss Teil der Unternehmenskultur sein und von der Geschäftsleitung gelebt werden.
Ich glaube es ist Zeit umzudenken. Dies gilt übrigens nicht nur für Unternehmen, sondern für jeden der Gesellschaft. Dabei darf niemand die Bedeutung seines eigenen Handelns unterschätzen. Jede gesellschaftliche Entwicklung beginnt mit kleinen Schritten, die dann um sich greift. Lassen Sie uns die richtigen Schlussfolgerungen aus dem Erlebten ziehen und unsere Gesellschaft auch in schweren Zeiten weiterentwickeln. Vielleicht können wir eines Tages zurückblicken auf 2009 und dies als Beginn einer geselllschaftlichen Veränderung sehen. Dann sind wir in der Tat bereits nach der Wirtchaftskrise, egal wie hart die wirtschaftlichen Einschnitte noch sein werden. Im anderen Fall sind wir vor der eigentlichen Krise. Diese wird eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Krise sein.